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Der Pyrenäenberghund

Frankreichs einziger Herdenschutzhund:                                 Ein geschichtlicher Überblick 

Der Pyrenäen-Berghund gehört zu den ältesten Hunderassen der Welt. Nicht unbedingt als Berghund der Pyrenäen, wohl aber über die farbigen Eltern seiner weißen Brüder in Irak, Iran, Anatolien, Italien, Ungarn, Polen, Slowakien, Pommern, Spanien und Marokko, womit die Ursprungsregion Mesopotamien dieser weißen Berghunde, nämlich Nordirak, Nordiran und Anatolien, und die verschiedenen Exportrichtungen in frühgeschichtlicher Zeit schon benannt sind. Die genannten Regionen gehören zumindest teilweise  - außer Polen und Pommern -  zum Römischen Reich, und schon von dem römischen Agrarexperten Columella wird der Herdenschutzhund erwähnt der prinzipiell - wie Columella erläutert - weiß zu sein hat, damit man ihn in der Nacht von den vierbeinigen Angreifern unterscheiden kann. Spätestens die Römer haben den nordmesopotamischanatolischen Herdenschutzhund importiert, gezüchtet und in ihrem Weltkreis verbreitet.

Abstammungstheorien neolithische Kultfiguren

Immer noch ist die Auffassung oft zu lesen, der Herdeschutzhund sei zwar beinah zeitgleich mit den ersten domestizierten Nutztieren Schaf und Ziege gezüchtet worden, er sei aber entstanden aus einer Kreuzung zwischen Wach- und Kriegshunden einerseits und auf Sicht jagenden Hunden, also Windhunden, andererseits.

 Kriegs-Windhunde als Vorfahren

Das setzt eine klare Trennung von Gebrauchsformen und damit Grundrassen voraus, bevor die Domestikation der genannten Nutztiere beginnt und zwar musste diese Ausdifferenzierung spätestens im Mesolithikum stattgefunden haben, wie ich im ersten Kapitel mit den Saupackern zu bedenken gebe. Allerdings ist die Bezeichnung "Kriegshund" anachronistisch und wird weiter munter widerlegt. Jagdhunde sind bereits im Ausgang der Aurignacier - Epochen anzunehmen, wie uns der Fund in der Grotte Chauvet nahelegt, zu dem es aber noch keine Extrapolation der vermutlichen Widerristhöhe gibt. Insgesamt ist der Begriff Windhund zu präzis besetzt in der heutigen Zeit als dass man ihn naiv auf die paläoethische Zeit anwenden könnte.

Verlagert man diese Abstammungsthese ins frühe Neolithikum, dann stellt der Windhund eine spezialisierte Form des Jagdhundes dar, dass man von einer ebenfalls spezialisierten Bevölke- rungsgruppe aus gehen müsste, die für die Jagd und nicht für die bodennahen Tätigkeiten wie Ackerbau und Viehzucht freigestellt war. Das ist aber gemäß den Erkenntnissen der Frühge- schichtswissenschaft für die erste Hälfte des Neolithikums nicht haltbar. Wir haben es hier mit Gesellschaften zu tun, die von einer stark akzentuierten Gleichheit geprägt sind und weniger hierarchischen Struktur. Unter diesen gesellschaftlichen Voraussetzungen kann ich keinen be- sonders günstigen Nährboden für die Zucht von Windhunden erkennen, zudem die Jagd nach der neolithischen Revolution eine sekundäre Bedeutung erhielt bis zur Einführung patriarchar- lischer Herrschaftsstrukturen im 5. Jahrtausend v.u.Z. in den Steppen Asiens.

Man kann in fast allen Rassen der Herdenschutzhunde zwei Grundtypen feststellen: Den mit dem schwereren Knochenbau fürs Gebirge und den mit den leichterem Knochenbau für die Ebene. Dieser zweite Typ steht im relativ kurzen Rechteck, hat einen schmaleren Körper und ist für prinzipiell mehr Bewegung konstruiert. Der erste Typ, der reine Berghund, steht mehr im langen Rechteck. Es ist verständlich, dass man angesichts des zweiten Typs nach Analogien sucht und sie im Windhund findet. Daraus sollte man aber keine Entstehungstheorie ableiten, denn wenn man schon für Akbash und Karabash den anatolischen Windhund bemüht, welchen Windhund sollte man dann als Einkreuzungsfaktor für den Pyrenäen-Berghund benennen? Den spanischen Galgo? 

Auch nicht wahrscheinlich ist der erste Teil der Abstammungsthese, mit den vorausgehenden Kampf- und Kriegshunden stamme der Herdenschutzhund logischerweise vom Molosser-Typ ab, in den man etwas Windhund eingekreuzt habe - und fertig war der Hirtenhund. Wie will man mit diesen charakterlichen Ingredienzien das Interieur des Herdeschutzhundes hervorzaubern? Davon abgesehen spricht die historische Sachlage gegen die Existenz von Kriegshunden im ersten Teil des Neolithikums : Bis zum 5. Jahrtausend v.u.Z. waren die neolithischen Dörfer fast ohne Ausnahme nicht von Wehranlagen umgeben. Die Ringwälle und Palisaden, die man bei Grabungen orten konnte, waren nicht zur Verteidigung geeignet: Die Wasserstellen der Dörfer befanden sich oft außerhalb der "Ringwälle". Es handelt sich bei dem, was die Archäologen zuerst als Ringwälle interpretierten, um Pferchanlagen fürs Vieh. Hätte man es mit Verteidigungsan- lagen zu tun, dann wäre ja in der Nacht das "Kapital" des Dorfs außerhalb und ohne Bewachung aufgestellt worden. Die Schlussfolgerung kann nur lauten, dass es "Krieg" im heutigen Sinn nicht gegeben hat und somit auch keinen "Kriegshund" und keinen Molosser als Ahnherrn des "lang- haarigen" Herdenschutzhundes. Umgekehrt ist anzunehmen, dass aus etwas schärferen Herden- schutzhunden zu späterer patriarchalischer Zeit spezialisierte Kriegshunde gezüchtet wurden; für diese Überlegung spricht auch, dass sie den Molossern den Namen spezieller Hunde aus Moloch als weiße Hunde überliefert sind. Das bedeutet, dass die antiken Molosser, nicht die heutigen sogenannten Hunde nicht von den ersten (genetisch wie pragmatisch notwendigerweise farbigen) Herdenschutzhunden, sondern von den später erzüchteten weißen Herdenschutzhunden ab- stammen.

Dass die Farbe Weiß einen Bedeutungswandel ab dem 5. Jahrtausend  durchmacht von der negativen Farbe des Todes zur "positiven" Farbe der Herrschaft über andere Menschen, lege ich im ersten Kapitel dar. Kein Wunder, dass weiße Kampf- und Kriegshunde auch farbsymbolisch korreliert sind mit einer Kriegerkaste, die sich über die anderen Mitglieder der Gesellschaft erhebt, auch mit Statussymbolen... Dass ein Zweig der indoeuropäischen Sprachen- und Kriegergruppe den Hund mit svan und Ableitungen daraus bezeichnet (s.u.: Tibet Mastiff als Urahn...) ist wahr- scheinlich nicht von ungefähr beinah deckungsgleich mit swan für den Schwan, der Ornithologen zwar auch als schwarzer Vogel bekannt ist, der in der Regel aber doch mit weißer Farbe assoziiert wird. Der mit svan bezeichnete Hund dieser prestigebedürftigen Indoeuropäer durfte vermutlich bereits ein weißer und großer Hund sein, der den vor ihm seit der Eiszeit in Europa ansässigen kleinen Hund in die zweite Reihe verbannt, so z.B. nachweisbar in den slawischen Sprachen: Es ist sowohl in den slawischen Sprachen mit den Wurzeln *pes als auch im Sardischen mit der verwandten Bezeichnung perru ein Hund nachgewiesen, der wohl klein und unscheinbar gewesen (ist). Dazu stimmt es, dass die Slowenen, die über mehrere Hundebezeichnungen  verfügen, gerade für kleine Hunde Ableitungen von pes gebrauchen; pesik, psizhizik: (...) Andererseits findet sich  unsere Wurzel schon in dem sardischen perru. Die Sarden sind ein nurmehr den Iberern-Basken vergleichbares, mit ihnen wohl verwandtes, mediterranes Urvolk (...). Außerdem geht hervor, dass die pes-Rasse eine uralte, kleine, offenbar in den mediterranen Gebieten autochthone Hundeart, vielleicht der paläontologisch für die gleichen Territorien erwiesene, prähistorische canis palustris war, dessen urwüchsiger Typus uns heute in dem zurückgedrängten, spitzähnlichen, gemeinen Bauernhund begegnet (Albrecht 15-16)

Grundsatz der Farbgleichheit von Herde und Schutzhund

Viele Indizien also sprechen für die Theorie, der Herdenschutzhund müsse leicht zeitversetzt mit der Domestikation der ersten Nutztiere geformt worden sein. Im Nordirak ab dem 8. Jahrtausend v.u.Z. da war er aber noch nicht weiß. Denn die Herdenschutzhunde haben normalerweise die gleiche Größe und die gleiche Farbe wie ihre Schutzbefohlenen, und weiße Schafe gab es erst in frühgriechischer, also historischer Zeit, und sie wurden im damaligen Colchis im heutigen Georgien zum ersten mal gezüchtet - oder der zivilisierten (?) frühgriechischen Welt fielen dort zum ersten Mal weiße Schafe auf. Weiße Schafe liefern, das ist anerkannt, weiße Wolle, die man mit viel Wasser einfärben kann. Es ist daher verständlich, dass weiße Schafe nur in niederschlags- reichen Regionen und nicht in trockenen, wüstenähnlichen Gegenden gehalten wurden und werden, da dort das wenige Wasser viel zu kostbar ist, um für modischen Schnickschnack vergeudet zu werden. Prämisse ist also die Farbgleichheit von Herde und Schutzhund, denn eine Herde weißer Schafe, die von braunen oder schwarzen Hunden beschützt wird, ist z.B. für ein Wolfsrudel leichter kalkulierbar, weil es Hunde und Schafe optisch gut unterscheiden kann: Es sieht, dass in einer günstigen Situation alle Hunde an der Spitze der Herde sich aufhalten, um dann am anderen hundefreien Ende ein Lamm zu greifen. Gleichfarbigkeit erschwert das Spiel und macht den Zugriff für den Wolf ungleich riskanter. Deshalb können wir annehmen, dass die weißen Herdenschutzhunde aus den farbigen entstanden sind, was ja im übrigen von der Genetik her zwar auch anders möglich, in unserem Fall aber nicht wahrscheinlich ist. Über die Genetik hinaus, mit deren Hilfe man aus farbigen Hunden in wenigen Generationen weiße züchten konnte, wissen wir aus der Zuchtgeschichte des Schafs, dass die farbigen Herdenschutzhunde über einige tausend Jahre den weißen Kollegen vorausgegangen sein müssen. Da es aber in erster Linie auf das Interieur (Fürsorglichkeit und Freund-Feind-Einteilung) und die wehrhaftige Er- scheinung dieser Hunde ankommt, sind weiße Herdenschutzhunde genau so alt wie ihre farbi- gen Kollegen: Nur die neue "Farbe" ist nach ein paar tausend Jahren als neues Outfit hinzuge- kommen, der Rest hat sich seit der "Erfindung" der Domestizierung von Schaf und Ziege nicht wesendlich verändert.

Dieser Grundsatz der Farbgleichheit von Herde und Schutzhund kann also aus arbeitstechni- schen Gründen ein hohes Maß an Wahrheit zugesprochen werden, allerdings gibt es für eine Ent- flechtung von Herdenfarbe und Hundefarbe und so für einen frühen Zeitpunkt der Entstehung von weißen Herdenschutzhunden zwei dem Grundsatz entgegenstehenden Gründe: Zum einen die arbeitstechnische Tatsache, dass ein weißer Hund in der Nacht schnell und eindeutig zu identifizieren ist und nicht mit angreifenden Wölfen verwechselt werden kann. Zum anderen die Tatsache, dass die in der asiatische Steppe sich frühzeitig auf reine Herdenwirtschaft und auf patriarchalisches Nomadentum spezialisierenden Abkömmlinge der ersten Neolithiker rasch Kriegerkasten ausbilden, die ihre Herden selber effektiver schützen können als die mangelhaft bewaffneten Hirten der weiterhin matristisch organisierten Neolithiker. Sie können daher den Nachteil des rasch erkennbaren weißen Hunde durch ein Plus an eigener Aktivität ausgleichen.

Bärenähnliche Hunde...

Im 8.500 Jahre alten Irak fand man kleine Lehmfigürchen, zottige Hunde mit kurzer, breiter Schnauze, mit Schlappohren und hochgeringeltem Schwanz, in denen man unschwer kleine primitive Abbilder langhaariger Berghunde erkennen kann. Und im 8.000 Jahre alten süd- türkischen Çatal Hüyük grub man die Statuette einer Muttergottheit aus: Sie sitzt auf einem Thron und neben ihr rechts und links sitzen - in typischer Wächterpose - zwei riesige, bärige Hunde - keine Wölfe.

 Schon zu Beginn der Geschichte der nahrungsproduzierenden Gesellschaft legte man also Wert auf bärenähnliche Hunde. Diese bärigen Herdenschutzhunde wurden mit Schafherden bereits in frühneolithischer Zeit aus dem nördlichen Zweistromland (Iran, Irak, Anatolien) mit dem dazu- gehörigen Knowhow und den Wissensträgern in die verschiedenen Himmelsrichtungen verbreitet: Sie wurden in den fernen Osten bis nach Indien und Tibet und in den Nordosten nach Zentral- asien und in den Nordwesten nach Anatolien und den Kaukasus und auch schon früh über die Inseln des Mittelmeers nach Süd- und Westeuropa exportiert. Das brauchte Jahrhunderte, manchmal ein bis zwei Jahrtausende, um an diesen Endpunkten anzukommen. In der Folgezeit kam es immer wieder zu neuen Exportwellen weitgehend friedlicher Art, bis dann ab dem 5. Jahr- tausend auch eindeutig kriegerische Expansionen stattfanden: Während all dieser Bewegungen wurden neue Informationen in bestehende Hundepopulationen eingekreuzt oder rückgekreuzt. Eine eindeutige Analyse von Ursache und Wirkung ist mit heutigen Mitteln nicht möglich. Wir haben es vielmehr mit einer Gemengelage zu tun, in der man eher mit Wahrscheinlichkeiten als mit Gewissheiten argumentieren muss. Das trifft auch zu für die Skeletteste von Hunden, die die Archäologen finden bzw. nicht finden bei ihren Grabungen.

Im neolithischen Europa hat man immer nur Skelette von Hunden mittlerer Größe (40-50 cm) gefunden und daraus geschlossen, dass der große Herdenschutzhund erst im Zeitalter der Metalle (je nach Region ab dem 3. bis zum 1. Jahrtausend) nach Europa gekommen ist. Dem ist entgegen- zuhalten, dass transhumierende oder gar normadisierende Gruppen wenige bis gar keine heute noch auffindbare Reste zurücklassen, dass also das Wirtschaftsprinzip die Menge und die Art der Funde diktiert. Hinzukommt noch die besondere Form der "Prägung" und Haltung von Herden- schutzhunden: Sie können ihre Funktion nur optimal ausüben, wenn ihr Kontakt mit Menschen auf ein Minimum reduziert ist, wobei dieses Minimum eine qualitative Grenze nicht unterschrei- ten darf, sonst würde der Hirte selbst ja vom Herdenschutzhund wie ein Eindringling behandelt. Das wäre kontraproduktiv im höchsten Maße. Da Herden und dazugehörige Herdenschutzhun- de in der ersten Hälfte des Neolithikums außerhalb der menschlichen Siedlungen gehalten wurden und da auch heute noch in den Pyrenäen z.B. der Montagne, der sich von einer Herde entfernt, um Kontakt zu "seinen" Menschen aufzunehmen, zur Herde mit den Worten zurück- geschickt wird: Patou, geh zu deinen Schafen, kann man davon ausgehen, dass Herdenschutzhunde weder physisch noch psychisch bei "ihrem" Menschen geduldet wurden, auch wenn sie sie in ihrem Wert erkannten und schätzten. Die islamische Praxis, den Hund als unreines Tier zu betrachten, erschien vor diesem Hintergrund nur noch als eine unrelektierte, religiös neu motivier- te Praxis einer vorhergehenden Tradition, deren Grund nicht mehr erinnert wird. Nämlich die Funktionsfähigkeit des Herdenschutzhundes zu garantieren durch menschliche Distanz.

Übrigens entspricht diese Haltung der Stufe der Semi-Domestikation des Domestikationssys- thems. Auch wenn es also aus dem europäischen Neolithikum nur Skelette von Hunden mittle- rer Größe gibt, kann man nicht mit letzter Sicherheit die Anwesenheit auch größerer Herden- schutzhunde ausschließen. In den irakischen und anatolischen Fundstätten hat man auch nur bildliche oder plastische Darstellungen großer, bäriger Herdenschutzhunde gefunden, aber keine entsprechenden Skelette.

Der Tibet-Mastiff als Urahn aller Herdenschutzhunde ?

Die Theorie, der Pyrenäen-Berghund - wie alle übrigen Herdenschutzhunde - stamme vom tibe- tischen Herdenschutzhund (fälschlich Tibet-Mastiff genannt) ab, ist immer noch an und ab zu lesen. Sie war am Ende des 19. Jahrhunderts verbreitet, und sie ist voll entfaltet in Oskar Albrechts Werk Zur ältesten Geschichte des Hundes. Studien zur Geschichte seiner Zähmung, Verbreitung und Rassengliederung (München, 1903; Hinweis und Buch verdanke ich Roland Kaschel), wobei Albrecht bereits sehr genau differenziert zwischen dem tibetischen Herdenschutzhund und den Bewohnern Tibets.

Heute macht man sich nicht mehr die Mühe dieser klugen Differenzierung und dermifiziert den Tibet-Hund und den Ort seiner Entstehung mit dem Ort seines jetzigen Aufenthalts. Mit dieser reduzierten Theorie würde man sich aber abhängig machen vom Zeitpunkt der Domestikation des Yaks, eines zentralasiatischen Wildrinds, das in der Eiszeit in Nordsibirien vorkam, während es im Neolithikum noch aus dem afghanischen Teil des Pamirgebirges nachgewiesen ist, durch eine Fellzeichnung, die eine Jagdszene mit einem Yak darstellt. Der dunkelbraune bis schwrze Yak ist optional angepasst an das Leben in 4.000 bis 6.000 m Höhe. Bemerkenswert ist die Körper- größe dieses Wildrindes; Yakbullen erreichen eine Widerristhöhe von 170 bis 210 cm und eine Körpermasse von 350 bis 1000 kg, während die Kühe eine Höhe von 145 bis 160 cm im Wider- rist aufweisen und nur 300 bis 350 kg schwer werden. Die Yakkühe mit ihren Kälbern leben in der Regel zusammen in großen Herden, die Bullen sind eher Einzelgänger oder schließen sich in kleinen Gruppen zusammen. Während einige Forscher den Hausyak für ebenso alt halten wie das Hausrind, vermuten andere, dass erst das Bekanntwerden von Hausrindern in Innerasien den Anstoß zur Yakdomestikation gegeben hat. Bislang älteste Belege für die Yakhaltung wurden in den Orchon-Höhlen in der Mongolei gefunden und auf das 2. Jahrtausend kurz datiert. Zeitan- satz und Bestimmung dieser Funde sind allerdings zweifelhaft.

Man stellt sich die Domestikation so vor, dass Jungyaks dieser Muttertiere bei der Jagd erlegt wurden, eingefangen und in die Rinderherde eingegliedert wurden. Eine Zähmung von Wildyaks kann man natürlich nicht ganz ausschließen, aber die stierkampfähnlichen Szenen auf Wand- gebilden in Çatal Hüyük lassen schon das Einfangen und Zähmen von Wildrindern als eine nicht- ganzungefährliche Angelegenheit erscheinen, wie Cauvin genüsslich ausmalt. Um wieviel schwie- riger muss da das Einfangen und Zähmen von erwachsenen Yakkühen sein, von den Bullen gar- nicht zu reden.

Sollten vom tibetischen Herdenschutzhund alle anderen Herdenschutzhunde abstammen, dann hätten die Hirten gute 5.000 Jahre lang ihre Schafe-, Ziegen- und Rinder-Herden allein und erfolgreich gegen Beutegreifer verteidigen können. Wenn ihnen dies über diesen langen Zeitraum gelungen wäre, hätten sie dann noch eines Herdenschutzhundes bedurft? Nun wäre es unfair, die Existenz des tibetischen Herdenschutzhundes nur vom Yak abhängig zu machen, er hat schon gutbewollte Ziegen behütet, bevor er für den Yak in der größeren Variante gezüchtet wurde, aber es ist erwiesen, dass Ziegen zuerst im Dreieck Nordiran-Nordirak-Anatolien-Syrien domestiziert wurden und vermutlich erst 4.000 über den Iran ins Indus-Tal und nach Nepal gekommen sind. Dann dürfte der (soweit kleinere) Proto-Typ des tibetischen Herdenschutzhundes wohl mit den domestizierten Ziegen nach Nepal und Tibet und Himalaya -Massiv im weiteren Sinne ge- kommen sein. Diese Überlegung wird gestützt von Albrechts linguistischen Hinweis, dass die bas- kische Bezeichnung für Hund (sprich: tchakurra) keinerlei Entsprechung in indogermanischen Sprachen hat, wohl aber im Drawidischen.

Die drawidischen Völker gehen in der Tat den sie verdrängenden indoeurupäischen Völkern voraus, und dies räumlich wie zeitlich, also im wörtlichen Sinn, denn sie sind wie die Basken auch nach den gerologischen Ergebnissen und Auswertungen von Cavaili-Sforza u.a. Urbewohner ihrer Region, sie sind wie die Basken aus den um - 100.000 aus Afrika nach Arabien einwandernden Cro-Magnon-Stämmen entstanden und haben sich aus der auf der Sinai-Anatilien-Achse wandernden Gesamtgruppe von Anatolien oder dem Nordirak  nach Osten verabschiedet in Richtung Iran und Indien, während die Proto-Basken den südlichen Rand Europas besetzten.

Die indogermanischen Völker, die die Drawiden in unwirtliche Randgebiete zurückdrängen - selbst Albrecht zieht schon die Parallele zum Schicksal der Basken - sind ein Teil des gesamten indoeuropäischen Spektrums. Sie werden von Albrecht swan-Gruppe genannt gemäß der Grund- bezeichnung für Hund.

An der Tibet-Theorie stimmt mit Sicherheit nur, dass der weiße Herdenschutzhund prinzipiell aus einem fauven oder schwarzen oder wie auch immer gefärbten Hund entstanden sein muss durch Ausdehnung der weißen Abzeichen. Denn die "Farbe" Weiß ist, wie ich sie darlege, auf die Wirksamkeit der hypostatischen Alleie des S-Generts zurückzuführen: Es handelt sich in Wirk- lichkeit um einen dunkelfarbigen meist schwarzen Hund, der von Weiß überschwemmt wird. Dass diese Ausdehnung von Weiß über die gesuchten dachsfarbenen oder gelben Markierungen hinaus  bis hin zu reinem Weiß reichen kann, weiß jeder Berghund-Züchter spätestens aus seinem ersten Wurf. Aus den ehemals weißen Abzeichen wurden im Verlauf der phylogenetischen Entwicklung eine Grundfarbe, während die ehemalige Grundfarbe (Fauve oder Schwarz bzw. Grau) auf wenige Abzeichen reduziert wurde. Auch wegen dieser genetischen Fakten kann der tibetische Herdenschutzhund nicht in Frage kommen: Er ist meistens Schwarz mit lohfarbenen Abzeichen, womit er hemezygot für das rezessivste Allei der A-Serie und an die Yak-Farbe bestens angepasst ist. Nur durch Einkreuzung könnten dann noch andere Farben entstehen. 

Pyrenäische Entwicklung der Farben

Ich stelle mir eine Situation vor, in der vor einigen tausend Jahren das Spektrum der Farben vertreten war,  wie man es heute noch  bei den ex-jugoslawischen Herdenschutzhunden und beim Mittelasiatischer Owtscharka antreffen kann. Aus diesem "pot" haben sich dann im Verlauf der Jahrtausende und in Zuordnung zur Farbe des Herdenviehs und zu bestimmten Volksstämmen bestimmte Farben sozusagen als Clanfarben herausgebildet. Die Clans, die vermutlich den Cäo de Serra da Estrela nach Portugal brachten, hatten sich entschieden für reines Fauve charbonné, das sie ohne Einkreuzung nicht mehr verändern könnten: Die dort zu hütenden Wollschafe der Mesta- Zeit dürften vermutlich weiß sein - dieser neuen Farbe kann der Estrela nicht mehr angepasst werden.   Die Stämme, die sich um die Pyrenäen herum niederließen, bevorzugten zunächst Schwarz, dann kam Grauschwarz - analog zur grau-schwarzen Manech und zur grau- schwarzen Pyrenäenziege, denn mit mittlerer Ausdehnung von Weiß, wie wir es heute noch beim spanischen Mastin de los Pirineos sehen können. 

Parallel zu dieser Aufhellung von Schwarz über das G-Gen und das Alie des 5-Genorts ergab sich vermutlich auch die Zucht von fauven Pyrenäen-Berghunden, analog zum Cäo de Serra da Estrela, der - analog zur besonderen Vorteilung der B-Blutgruppe in Nordportugal - ein heutiger Zeuge früherer Verschiebungen ist. Mit den Römern dürfte dann der reinweiße Herdenschutz- hund in die Pyrenäen gekommen sein und eine grundsätzliche Aufhellung zu der charakteristi- schen Aufhellung  von Weiß bei seinen pyrenäischen Verwandten  bewirkt haben, die aus prak- tischen Erwägungen  - besser Wahrnehmbarkeit des Hundes bei Nacht - rasch zu der heute be- kannten Ausdehnung ausgebaut wurde, womit man die pigmentierten Stellen am Körper weit- gehend eliminierte und fast nur noch am Kopf und am Rutenansatz tolerierte. 

Trotz dieser oberflächlichen Farbunterschiede wird in den kommenden Jahren eine DNA-Analyse aller Herdenschutzhunderassen zum einen ihre extreme genetische Nähe nachweisen und zum anderen vielleicht wissenschaftlich noch besser gesichertes Licht in die Entwicklungsgeschichte und die Abstammungsverhältnisse dieser Rassen untereinander bringen, als es eine Annäherung über die Farbgenetik, Farbsymbole usw. vermag. 

Raymond Ducrey meinte in einem Brief vom 09.04.1999, die Montagne seien nicht grundsätzlich sehr markiert gewesen; feststeht aber auch, dass zwar in der Region von Bigorre in der Regel markiert waren. Wenn eine Veränderung in der Zucht der letzten Jahrzehnte stattgefunden hat, dann bestimmt in der Haarlänge, die bei einigen Exemplaren etwas zugenommen hat, so dass man - etwas übertrieben - von einem "kurz" - und einem "lang" haarbetonten Montagne sprechen kann. Die Zunahme der Haarlänge ist viel deutlicher wahrnehmbar in der amerikanischen Zucht. Diesen heutigen Gestaltungsmöglichkeiten liegt sicher eine uralte  Basisinformation zugrunde. Korrektiv solcher Tendenzen muss immer der ursprüngliche Verwendungszusammenhang sein mit den Konditionen, denen der Herdenschutzhund im pyrenäischen Biotop ausgesetzt ist.

Diese äußerlichen Sonderentwicklungen änderten nichts an der Tatsache, all diese Herdenschutz- hunde perfekt ihre Arbeit verrichteten. Die Mär, die Hirten seien zu dumm, um bestimmte Fähigkeiten und bestimmte Farben zu erzüchten, verdankt ihre Langlebigkeit immer noch ver- meintlicher zivilisatorischen Überlegenheit. In Wahrheit ist es nur Überheblichkeit. Ich verweise nur auf den Konflikt der alten Griechen mit den Colchiern. Wer in der Lage war, die Domestika- tion voranzutreiben und einmal gewonnene Vorteile züchterisch zu stabilisieren, der will sich die Frucht seiner Arbeit und sein Zuchtprogramm nicht während der Ablammzeit durch vierbeinige Beutegreifer kaputtmachen lassen, und der ist auch in der Lage, zum Schutz der Herde solch großartige Hunde über die Jahrtausende zu erzüchten und zu bewahren, in dem nur die besten Tiere miteinander verpaart werden. Mythologie und Religion prägten den damaligen Alltag und führten zu Ähnlichkeiten zwischen Herdenschutzhunden und den von Westeuropa bis Zentral- asien verehrten Bärengottheiten. Zusätzlich wurden ganz praktische Hundekämpe als Volksfest veranstaltet, die aber unblutig ausgehen, wie sie in Amerika unter Zweibeinern als Wrestling bekannt sind  und heute noch unter Vierbeinern in Zentralasien durchgeführt werden. Der beste Anrempler und Umwerfer wird in der Zucht eingesetzt. Pyrenäenberghunde wie all ihre anderen Herdenschutzhunde-Kollegen üben bereits halbwüchsige Welpen im Spiel ihre Wrestling- Technik. Wer glaubt, diese Hunde seien in ihrer inneren Veranlagung und äußeren Erscheinung alle nur durch Zufall entstanden, weil er die Hirten für einfältig hält, dürfte grundsätzlichst ver- kennen, was unsere heutige westliche Zivilisation diesen Hirten eigentlich zu verdanken hat, nämlich nicht nur die Herdenschutzhunde und die Hütehunde, sondern dank dieser Hunde auch die Möglichkeit, vom Nahrungssammler und - Jäger und Aasverwerter zum Nahrungsprodu- zenten zu werden. Herdenschutzhunde und Hütehunde sind Katalysatoren zivilisatorischer Entwicklung.

 

 

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